Hallo!
Ich bin Vater eines 2,5 Jahre alten Mädchens. Die Kleine entwickelt sich prächtig, spricht hervorragend, singt, tobt, bastelt, liebt Spielplätze und Bücher. Ich bin sehr stolz auf sie und froh um (fast) jeden Moment, den ich mit ihr verbringen darf. Wir spielen fast jeden Tag gemeinsam, raufen, kitzeln uns, kuscheln, rennen durch den Garten oder verarzten ihre Puppen. Ich hole sie mittags aus der Kita, verbringe jede Woche einen Nachmittag mit ihr allein und oft einen Tag am Wochenende bei meinen Eltern. Außerdem übernehme ich seit einigen Wochen das Fertigmachen am Abend.
So sehr ich mich auch bemühe, spüre ich immer wieder eine unangenehme Distanz zwischen uns. Gerade wenn es Abend wird und sie bemerkt, dass ich sie heute allein ins Bett bringe (manchmal geht das aus beruflichen Gründen nicht anders) führt das oft zu Tränen. Meine Hoffnung, dass mehr gemeinsame Rituale zu einer besseren Bindung führen, fühle ich leider gerade nicht bestätigt.
Bin ich zu streng?
Es gibt leider immer wieder Situationen, in denen meine Frau ihr Dinge verbietet, aber am Ende nicht durchgreift. Da bin ich dann meist derjenige, der konsequent ist. Danach tröstet die Mama und ich bin erstmal unten durch. Meist beruhigt sie sich schnell wieder und interagiert wieder normal mit mir, troztdem habe ich manchmal das Gefühl, dass die "ungewohnte Konsequenz" (meine Frau arbeitet halbtags und kann einfach mehr Zeit mit ihr verbringen) sie verunsichert.
Heute gab es wieder eine solche Situation in der ich, leider auch etwas harsch reagiert habe. Das macht mir gerade sehr zu schaffen, deshalb hoffe ich hier Rat zu finden.
Liebe Grüße
PS: Ich schreibe diesen Text gerade zum zweiten Mal, weil das erste Mal der Titel mehr als 60 Zeichen hatte. Beim Abschicken wurde dann der gnaze Text gelöscht...
Hallo,
ich hoffe, die ausführliche Antwort meines Kollegen konnte Sie ein wenig beruhigen.
Ihre Tochter befindet sich mit 2,5 Jahren zudem noch in der so genannten Autonomiephase, wo es schon mal hin und her geht zwischen Nähe und Distanz, zwischen gelbem und grünem Shirt, zwischen Apfelsaft und Kakao, zwischen kann ich allein und warum hilfst du mir gerade nicht. Da ist ist es nicht immer einfach die passende Reaktion parat zu haben.
Aber gerade Kinder mit einer guten Bindung explorieren besonders gern, testen aus....weil sie sich sicher fühlen und geliebt.
Das wollte ich noch loswerden.
bke-Claudia Rohde
Hallo zurück,
mein Name hier ist bke-Lorenz Bauer und ich heiße Sie im Namen des Moderatoren-Teams herzlich willkommen im Elternforum. Schön, dass Sie den Weg zu uns gefunden haben und so offen schreiben, was Sie "umtreibt". Beim Lesen Ihrer Zeilen ist mir wirklich ganz warm ums Herz geworden. Warum das? Ich will es Ihnen sagen: Zum einen, weil Sie Ihre Beziehung zu Ihrer kleinen Tochter so schön beschreiben können, ein so feines Gespür für Ihr Miteinander haben und soviel mit ihr machen, unternehmen und einfach an ihrem alltäglichen Leben teilnehmen. Zum anderen, weil Sie als Vater auch Dinge mit ihr machen bzw. Aufgaben übernehmen, die Ihnen vielleicht nicht so leicht fallen, nicht so rund und "friedlich laufen", wie Sie es gerne hätten, wie z. B. das abendliche Ritual des Ins-Bett-Bringens, was auch mal zu Tränen führen kann. Genau das zeichnet Sie als guten Vater aus, der sich nicht nur die feinen Sachen rauspickt, sondern auch Widerstand und ungute Stimmung in Kauf nimmt und aushalten kann. Denn genau das gehört schlichtweg dazu und ist obendrein auch noch wichtig für eine tragfähige Beziehung zwischen Eltern und Kindern!
Ihre Frage, ob Sie als Papa zu streng sind, kann und möchte ich gar nicht beantworten, denn darauf gibt es nach meinem Verständnis keine richtige Antwort. Schauen Sie, dass Ihre Kleine abends, aller Wahrscheinlichkeit nach auch müde und durch vom anstrengenden Kindertag, sich nach der Mama "sehnt", ist nicht ungewöhnlich. Trotz der vielen gemeinsamen Zeit Ihnen als Papa, ist die Mama im Alltag Ihren Worten zur Folge doch noch etwas mehr präsent und „gewohnter“. Wie gesagt, kein ungewöhnliches Szenario.
Weiter gehen Mütter und Väter, oder neutraler ausgedrückt Elternteile, unterschiedlich mit den Kindern um. Einer lässt eher mehr durchgehen, der andere versucht eher konsequent seine Linie zu verteidigen. Die Kindlein können sich darauf in der Regel ganz gut einstellen und arrangieren. Also kein Beinbruch, nein viel mehr ein breites elterliches Angebot und unterschiedlichem Verhalten dem Kind gegenüber. Also auch gut! Hilfreich ist hier, sich im Groben und grundsätzlich einig zu sein als Mutter und Vater bezüglich der Erziehung, sich jedoch nicht im Detail zu verlieren.
Zuletzt schreiben Sie noch von Situationen, bei denen Sie eher "durchgreifen" (also Klarheit und Orientierung vermitteln wollen), und Ihre Tochter weint, austickt oder sonst was tut, weil es nicht nach Ihrer Pfeife geht. Dann kommt die Mama als tröstende Retterin ins Spiel und Sie haben quasi das Nachsehen. Klar, blöd. Dazu zwei kleine Anregungen:
1) Oft ist es leichter, wenn nur die Mama oder nur der Papa mit dem Kind agiert, z. B. das Bettfertigmachen übernimmt und der andere (abgesprochen) außen vor bleibt. Das zeigt sich oft, wenn der anderen Elternteil gar nicht zuhause ist. Hier darf ruhig etwas an den Stellschrauben der elterlichen Absprache gedreht werden 😉.
2) Nicht in jeder Situation müssen wir als Eltern unsere Idee von Konsequenz oder Klarheit in der Erziehung 100%ig umsetzen. Da kann man ruhig -auch aus Gründen der eigenen Bequemlichkeit- ab und an eine Ausnahme machen. Diese Ausnahmen stellen die grundsätzliche Haltung keineswegs in Frage, vor allem, wenn sie auch als Ausnahme deklariert werden. Also hier die Empfehlung: Auch mal 5 grade sein lassen und Mut zur Lücke .
Seien Sie gnädig mit sich selber als guter Papa, es geht nicht darum, immer perfekt und richtig zu reagieren, das ist gar nicht möglich. Viel wichtiger ist es, dass immer ein guter Gedanke fürs geliebte Kindlein leitend ist und das ist bei Ihnen beileibe nicht zu übersehen👍! Mein Eindruck, Ihr kleines Töchterlein kann sich glücklich schätzen, Sie als Papa zu haben!
Viele Grüße schickt Ihnen
bke-Lorenz Bauer
PS: Das Problem mit den 60 Zeichen werde ich an unsere Technik weitergeben, danke für den Hinweis! Ich weiß, wie ärgerlich es sein kann, wenn eine mühevoll formulierte Anfrage plötzlich weg ist😩.